Teil 2
Leider ist dies nicht das einzige Beispiel. Die Reihe ökologistischer Kreuzzüge auf Kosten anderer wird immer länger: Sie reichen von der Bekämpfung der grünen Gentechnik bis hin zur Torpedierung medizinischer Forschung, weil dafür Tierversuche notwendig sind. Mit religiösem Eifer werden die Möglichkeiten untergraben, gegenwärtige und künftige Menschheitsprobleme zu lösen. Die Ökologisten sehen sich dabei selbst als milde und gütige Menschen, deren Härte von der heiligen Sache erzwungen wird.
Die Idealisierung des Naiven und vermeintlich Natürlichen sind weit oben in Staat und Gesellschaft angekommen. Im deutschsprachigen Kulturraum waren solche Strömungen immer besonders beliebt. Durchs bürgerliche Wohnzimmer zog schon zu Urgroßvaters Zeiten der wehmütige Duft des Sentimentalismus. Der edle Wilde, der unverdorbene Landmann, das Kleinkind, das unschuldige Tier dienten den Kaufmännern und Fabrikanten als Projektionsfläche für Sehnsüchte, die im harten Alltagsgeschäft unbefriedigt blieben. In Caspar-David Friedrichs Wald, am Ufer von Karl Mays Silbersee oder hinter Peter Maffays sieben Brücken lagen die Orte der Erhabenheit und der Harmonie, möglichst weit weg vom verwirrenden Großstadtlärm.
Niemand will wirklich auf die Annehmlichkeiten der modernen Technik verzichten, niemand will wirklich wie Winnetou leben. Doch da der Ökologismus sich selbst nicht als Religion verstehen will, muss die Illusion am Leben gehalten werden. Deshalb unser Vorschlag zur Güte: Bekennt euch ganz entspannt zum Glauben und zum Sehnsuchtsgefühl! Dann würde so manche aggressive Verhärtung womöglich abfallen. Eine gefestigte Religion muss nicht ständig penetrant missionieren und unentwegt im Diesseits herumpfuschen. Sie ruht in sich, weil sie weiß dass das hundertprozentig Wahre, Schöne und Gute nicht auf dieser Welt zu haben ist. Im Diesseits und dort besonders auf Ministersesseln ist es besser, auf die konkreten Ergebnisse zu schauen und nicht darauf, wie nah man der reinen Lehre kommen kann. Die Trennung von Staat und Kirche hat sich doch bewährt - lasst uns zu ihr zurückkehren.
Josef H. Reichholf: Die falschen Propheten. Wagenbach, Berlin. 140 S., 10,90 EUR. Götz Warnke: Die grüne Ideologie. Peter Lang, Frankfurt/M. 474 S. (nur noch antiquarisch). Dirk Maxeiner, Michael Miersch: Die Zukunft und ihre Feinde. Eichborn, Frankfurt/M. 230 S., 19,90 EUR.
Artikel erschienen am 5. Juni 2004
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