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Apros Telekinese...

Im Bann der Dämonen

Zuerst beginnen im Wohnzimmer der Familie S. die Bilder an den Wänden zu schaukeln, und auch die Lampen schwingen hin und her. Ein Erdbeben? Doch dann zerplatzen die Glühbirnen, und in der Küche werden die gefrorenen Hähnchen aus der Tiefkühltruhe geschleudert. Plötzlich packt eine unsichtbare Kraft den kleinsten Sohn, der auf seinem Spielzeugauto sitzt, und trägt ihn zum offenen Fens-ter. Der Kleine schreit und strampelt – im letzten Augenblick kann er sich an der Heizung festklammern, aber sein Auto fliegt aus dem Fenster und zerschellt sechs Stockwerke tiefer. Mutter und Geschwister versuchen verzweifelt, den Kleinen vom Fenster wegzubringen. Da explodiert mit einem scharfen Knall die Wanduhr und reißt ein tiefes Loch in die Mauer. Das alles passiert innerhalb weniger Minuten – entsetzlich langer Minuten, in denen der Familie zur Gewissheit wird: In ihrem Haus wütet ein Poltergeist.


Solche detaillierten Beschreibungen von Spuk findet man im Archiv des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene an der Universität Freiburg. Der Gründer dieses Instituts, der häufig als »Spuk-Professor« bezeichnete Hans Bender, hat dieses Material in den Jahren von 1947 bis 1986 zusammengetragen, und die Psychologinnen Monika Huesmann und Friederike Schriever haben es jetzt wissenschaftlich ausgewertet. Ihr Ergebnis: Für 85 Prozent aller paranormalen Phänomene in Deutschland sind Poltergeister verantwortlich. »Wenn es in Häusern und Wohnungen immer wieder poltert und klopft, wenn Bücher in Flammen aufgehen, sich Suppe von allein kocht, Möbel von unsichtbaren Kräften die Treppen hinuntergestoßen werden, auch wenn Gegenstände die Wände durchdringen und es sogar Steine regnet, nennt man das ›Recurrent Spontaneous Psychokinesis‹ (RSPK). Diese sich wiederholenden spontanen Psychokinese-Ereignisse stellen das klassische Kennzeichen eines Spuks dar«, erklären Huesmann und Schriever.


Weil der über Wochen und sogar Monate anhält und es zumeist zahlreiche Zeugen für alle Vorfälle gibt, konnten sich die Wissenschaftler ausgiebig mit dem Phänomen Poltergeist beschäftigen. Sie sind heute der Meinung, dass es sich dabei nicht um ein unheimliches Wesen handelt – der Auslöser des Spuks ist immer einer der betroffenen Menschen, eine sogenannte »Fokusperson«. Auffallend oft sind dies Mädchen oder Jungen in der Pubertät, die unter extremer Spannung stehen und über ihre Konflikte in der Familie nicht sprechen können. Spuk, so die Spukforscher, entsteht in diesem Spannungsfeld seelischer Energie – man kann ihn am ehesten als eine nach außen gewandte psychosomatische Reaktion verstehen. In dem eingangs geschilderten Fall war nach dieser These die Fokusperson eines der älteren Kinder, das auf den kleinsten Sohn, das verwöhnte Nesthäkchen der Familie, unerträglich eifersüchtig war.


Psychische Energie kann Möbelstücke verrücken

Die Kraft einer leidenden Psyche kann offenbar die Gesetze der Physik beeinflussen und zu dramatischen oder grotesken »psycho-physikalischen« Ereignissen führen. Jedenfalls sehen Huesmann und Schriever einen Fall als Beleg dafür, bei dem mit lautem Knall die Terrassentür eines Hauses verschwand und im Garten auf einem Obstbaum balancierend wiedergefunden wurde. Zwei amerikanische Physiker, Richard D. Mattuck und Evan H. Walker, wollten die These von der Psychokinese durch theoretische Berechnungen stützen: Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Psyche tatsächlich ausreichend Kraft mobilisieren kann, um Objekte zu bewegen – indem sie die dazu nötige Energie der Umgebung entzieht und umwandelt. Würde man etwa die Temperatur der Luft in der Umgebung eines schweren Schranks auch nur um ein zehntel Grad Celsius senken, könnte man mit der so gewonnenen Energie das Möbelstück verrücken. Nicht von ungefähr soll es in vielen Poltergeist-Fällen, die Huesmann und Schriever analysiert haben, einen kalten Lufthauch gegeben haben, bevor sich ein Gegenstand bewegte. Von welcher Art diese psychische Energie ist und wie sie auf die Physik unserer Welt einwirkt, konnte bis heute allerdings nicht geklärt werden.