
15-05-2002, 17:34
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und weiter...
(tut mir leid wegen Doppelpost)
Zitat:
Vom Wehrmachtshelm Darth Vaders über die an Gasmasken gemahnenden Gesichtsschutze der Soldaten - und diese Ikonographie signalisiert wieder den skrupellosen Deutschen, diesmal aus dem Ersten Weltkrieg - bis zur entindividualisierten Masse der Klonkrieger ist natürlich alles in den ersten drei Filmen der Serie auf die Abrufung vertrauter Feindbilder angelegt. Daß Lucas nun diese Klischees aufbricht, ist Ausdruck einer neuen Zeit. Die erste Trilogie von "Krieg der Sterne" entstand von 1977 bis 1983, mitten im Kalten Krieg. Die Positionen waren klar und unerschütterlich. Nach 1989 hat sich das geändert, und es ist kein Zufall, daß schon in dem 1999 vollendeten Auftaktfilm zur neuen Trilogie und noch stärker in der aktuellen Fortsetzung die Allianzen wechseln. So hat auch Churchill den Pakt gegen Hitler erlebt, der Gut-böse-Dualismus war mit einem Mal im Blick auf die Sowjets passé. Noch weiß niemand, ob Graf Dooku, der im neuen Film die dunkle Bedrohung gibt, sich nicht im Abschlußfilm dieses Zyklus plötzlich auf der Seite jener Rebellen finden wird, die gegen das dann entstandene Imperium kämpfen werden. Hat er den jungen Obi-Wan Kenobi nicht jetzt schon vom gemeinsamen Kampf überzeugen wollen, weil der ganze Senat der Republik korrumpiert sei? Der Zuschauer weiß natürlich, daß er recht hat. So hält sich Lucas alle Optionen offen für ein Renversement des alliances in drei Jahren, wenn der nächste Teil ins Kino kommt.
Nur eines ist sicher: Yoda wird sich treu bleiben. Als Spiritus rector der Jediritter kann er mit Recht für seine Leute in Anspruch nehmen, was Churchill über die britischen Verteidiger in der Schlacht um England sagte: "Niemals in der Geschichte menschlicher Konflikte hatten so viele so wenigen derart viel zu verdanken." Und so wie England am Ende des Krieges seiner Weltmachtstellung verlustig gegangen war, weil es nur noch ums nackte Überleben als Nation hatte gehen können, so ist auch den Jedirittern ihr Untergang schon von Lucas eingeschrieben - in den Klonkriegen werden sie sterben oder zur Seite des Bösen überlaufen, das sie sich selbst herangezüchtet haben im Kampf gegen den als übermächtig empfundenen Feind - das Churchill-Dilemma.
Am Schluß des neuen Films sagt Yoda, während die Armeen der Klonkrieger in unabsehbarer Masse die Raumflotte bemannen: "Begonnen der Klonkrieg hat." Er allein weiß, was für Mühen und Leid die kommenden Jahre bringen werden. Niemand anders will es hören. Churchill ging es 1940 genauso. Er erinnerte sich an den Tag seines Amtsantritts als Kriegspremier: "Ich fühlte mich, als ob ich vom Schicksal ausersehen sei und als ob meine ganze Vergangenheit nur der Vorbereitung auf diese Stunde und diese Herausforderung gedient habe." Dann rettete Winston Löwenherz England. Man kann George Lucas kein größeres Lob für seine Figurenentwicklung zollen, als wenn man dieses berühmte Diktum auf die letzte Szene von "Angriff der Klonkrieger" anwendet: Es ist, als ob Yoda von Anfang an nur auf diese Stunde und diese Herausforderung hin konzipiert worden sei.
ANDREAS PLATTHAUS
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.05.2002, Nr. 111 / Seite 51
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Also sowelche Politiker sollte man ihr Amt abnehmen!
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