Diktator: Zuerst zu Deiner Frage. Ich habe dies schon beantwortet. Es ist möglich, in der Beurteilung von Gut und Böse zu irren. Das kann jedem Menschen passieren, denn Menschen sind von Natur aus fehlbar. Jedoch vermindert das nicht die Schuld. Jeder ist für die Taten, die er selbst zu verantworten hat, schuldig. Dabei ist es nicht relevant, ob er der Meinung war, Gutes getan zu haben. Wenn er der Meinung war, Gutes mit dem Verbrechen getan zu haben, ist seine Schuld sogar eine doppelte: einmal die Tat selbst, sodannn aber auch, nicht ausreichend über sie vor ihrer Begehung nachgedacht zu haben. Kein Mörder wird dadurch schuldlos, daß er dachte, der Mord war "gut"! Er ist und bleibt ein Mörder und somit schuldig.
Nun, es ist uns immer noch nicht gelungen, den Grund für die Pflicht aufzufinden, worunter du die Erfüllung von Befehlen verstehst.
Pflicht und Pflichtgefühl müssen ja irgendeinen Grund, irgendeine Begründung haben, meinst du nicht?
Es muß einen Grund geben, warum sie dir (und anderen) so wichtig ist.
Du sagst, man habe sie erfüllen müssen, weil man sonst selber eventuell oder doch im Einzelfall erschossen würde. Nun - das kann nicht der Grund sein. Denn dieser Grund verträgt sich in keiner Weise mit der Soldatenehre. Jeder ehrenvolle Mann würde eher seinen eigenen Tod in Kauf nehmen, als andere zu ermorden. Mit seinem Körper würde er sich vor die Kriegsgefangenen stellen und Zugang zu ihnen nur über seine Leiche gewähren. Das ist es, was ich unter Ehre verstehe.
Wenn dies die Angehörigen der Deutschen Wehrmacht nicht getan haben, zeigt das, daß sie ehrlos und vor allem feige waren. Sie hatten wohl Mut, Befehlen zu gehorchen, Unschuldige zu töten und eventuell im Kampf zu fallen; aber den Mut, dem Bösen zu trotzen und verbrecherische Befehle zu verweigern, den hatten nur sehr wenige. Es ist nämlich einfach, im großen Haufen mitzulaufen, selbst wenn der eigene Tod dabei eine Möglichkeit ist; schwer ist es aber, als Einzelner gegen die Umgebung aufzustehen und seinem Gewissen zu folgen. Das erfordert mehr Mut, als in der Schlacht zu sterben, vor allem aber erfordert es Ehre und Gewissen. Alles dieses ging den Mitmachern ab! Sie waren ehrlose Lumpen, Verbrecher und Mörder über die die Geschichte bereits abschließend ihr Urteil gefällt hat!
Ich möchte hierzu aus dem Schlußwort des Angehörigen der Wehrmacht Generalfeldmarschall Keitel im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß zitieren, der das auch erkannt hatte: "Es ist tragisch, daß ich nicht sah, daß auch der soldatischen Pflichterfüllung eine Grenze gesetzt ist."
So ist es! Auch der soldatischen Pflichterfüllung ist eine Grenze gesetzt und sie liegt genau dort, wo der Befehl Unehre und Verbrechen einschließt. Denn es gibt keine Pflicht zum Verbrechen! Vielmehr muß ein ehrenvoller Mann notfalls den Tod wählen, wo gehorchen Verbrechen bedeutet!
Darum kann deine Behauptung "du kannst es nicht vermeiden" nicht akzeptiert werden. Man kann es vermeiden. Entweder durch die von mir angesprochenen Schritte, oder im äußersten Falle durch den eigenen Tod.
Ich füge hier aber an, daß niemand, der sich geweigert hat, an einer Erschiessung teilzunehmen, dafür hingerichtet wurde. Es gab nicht einmal disziplinarische Strafen. Das heißt also, daß jene, die daran teilgenommen haben, dies freiwillig, aus eigenem Willen getan haben, ohne daß sie eine Strafe irgendeiner Art zu gewärtigen hatten. Wenn auch die Drohung ihres eigenen Todes diese Tat in keiner Weise gerechtfertigt hätte, so wäre sie doch ein Milderungsgrund in der Festsetzung der Strafe durch ein Gericht gewesen. Wir müssen aber feststellen: eine solche Drohung bestand niemals! Also bestand auch niemals ein derartiger Milderungsgrund, sondern diese Leute haben freiwillig und mit Absicht gemordet und Verbrechen begangen!
Schlußwort: ich empfehle dir, deine Aufmerksamkeit einem anderen, wichtigen Begriff des Soldatentums zuzuwenden, nämlich der Ehre. Du solltest dich selber fragen was die Ehre ist, vor allem was deine Ehre ist. Worin besteht sie? Besteht sie nur im Gehorchen auch verbrecherischen Befehlen? Dann ist sie nichts wert. Dann bist du kein Mensch, sondern vielmehr nur ein Roboter, der Befehle ausführt. Ein Roboter hat keine Ehre. Oder ist sie etwas, das richtiges, ehrenvolles Handeln heißt? Dann ist klar, daß die Ehre über dem Befehl steht. Dann ist klar, daß kein Befehl ausgeführt werden kann, der nicht ehrenvoll ist. Darüber solltest du einmal nachdenken.
Geändert von Moltke (13-05-2006 um 23:15 Uhr).
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