Für mich braucht eine Stadt:
1. Reichhaltiges Kulturleben auf Weltniveau, das heißt Konzerte, Oper, Theater, große Ausstellungen und Spektakel à la francaise.
2. Ausreichend gute Restaurants, Kneipen, usw. jeglicher Art, wovon rund um die Uhr ausreichend geöffnet sein müssen!
3. Leistungsfähige, schienenbasierte Transportsysteme. (Schaukelnde Quetschbusse sind unter meiner Würde.)
4. Einwohnerzahl nicht unter 1 Million um dem Provinzialismus entgegenzuwirken.
5. Ausreichende Grundversorgung (Bäder, Bibliotheken, Kaufhäuser, Supermärkte, Geschäfte aller Art, usw.) versteht sich von selbst!
Stuttgart ist vom Klima her sehr öde...sowohl menschlich wie auch real...es liegt sehr ungünstig in einer Senke...außerdem ist da absolut nichts los und der Hund begraben. Außer in der Oper.
Aber auch München hat eine sehr gute Oper und sehr gute Opernfestspiele. Außerdem ein Theater, das zu den ersten Häusern zählt. (Immerhin eins.) Außerdem ist es eine Stadt der Kunst, sowohl was Architektur, als auch was Museen betrifft. (Pinakotheken!) Es ist eine Stadt der Geschichte. Außerdem ist die Lebensqualität hoch. Damit meine ich Biergärten, Feste, Märkte und generell bayrische Lebensart und Liberalitas! Wenn Gott einen Teil Deutschlands als Himmel requirieren wollte, dann fiele seine Wahl gewiß auf München.
Um das alles richtig zu verstehen, mußt du das bei Th. Mann nachlesen:
München leuchtete. Über den festlichen Plätzen und weißen
Säulentempelchen, den antikisierenden Monumenten und
Barockkirchen, den
springenden Brunnen, Palästen und Gartenanlagen der Residenz
spannte sich
strahlend ein Himmel von blauer Seide, und ihre breiten und lichten,
umgrünten und wohlberechneten Perspektiven lagen in dem
Sonnendunst eines
ersten, schönen Junitages. Vogelgeschwätz und heimlicher Jubel über
allen
Gassen...Und auf Plätzen und Zeilen rollt, wallt und summt das
unüberstürzte und amüsante Treiben der schönen und gemächlichen
Stadt.
Reisende aller Nationen kutschieren in den kleinen, langsamen
Droschken
umher, indem sie rechts und links in wahlloser Neugier an den Wänden der
Häuser hinaufschauen, und steigen die Freitreppen der Museen hinan...
Viele fenster stehen geöffnet, und aus vielen klingt Musik auf die Straßen
hinaus. Übungen auf dem klavier, der Geige, oder dem Violoncello, redliche
und wohlgemeinte dilletantische Bemühungen. Im "Odeon" aber wird, wie man
vernimmt, ernstlich studiert. Junge Leute, die das Nothung-Motiv pfeifen
und abends die Hintergründe des modernen Schauspielhauses füllen, wandern,
literarische Zeitschriften in den Seitentaschen ihrer Jacketts, in der
Universität und der Staatsbibliothek aus und ein. Vor der Akademie der
bildenden Künste, die ihre weißen Arme zwischen der Türkenstraße und dem
Siegestor ausbreitet, hält eine Hofkarosse. Und auf der Höhe der Rampe
stehen, sitzen und lagern in farbigen Gruppen die Modelle, pittoresken
Greise, Kinder und Frauen in der Tracht der Albaner Berge. Lässigkeit und
hastloses Schlendern in all den langen Straßenzügen des Nordesn...Man ist
von erwerbsgier nicht gerade gehetzt und verzehrt dortselbst, sondern lebt
angenehmen Zwecken. Junge Künstler, runde Hütchen auf den Hinterköpfen,
mit lockeren Krawatten und ohne Stock, unbesorgte Gesellen, die ihren
Mietzins mit Farbenskizzen bezahlen, gehen spazieren, um diesen blauen
Vormittag auf ihre Stimmung wirken zu lassen, und sehen den kleinen
Mädchen nach, diesem hübschen, untersetzten Typus mit den brünetten
Haarbandeaus, den etwas zu großen Füßen und den unbedenklichen Sitten...
Jedes fünfte Haus läßt Atelierfensterscheiben in der Sonne blinken.
Manchmal tritt ein Kunstbau aus der Reihe der bürgerlichen hervor, das
Werk eines phantasievollen jungen Architekten, breit und flachbogig. mit
bizarrer Ornamentik, voller Witz und Stil. Und plötzlich ist da irgednwo
die Tür an einer allzu langen Fassade von einer kecken Improvisation
umrahmt, von fließenden Linien und sonnigen Farben, Bacchanten, Nixen,
rosigen Nacktheiten... Es ist stets aufs neue ergötzlich, vor den Auslagen
der Kunstschreinerein und der BAsare für moderne Luxusartikel zu
verweilen. Wieviel phantasievoller Komfort, wiviel linearer Humor in der
Gestalt aller Dinge. Über all sind die kleinen Skulptur-, Rahmen- und
Antiquitätenhandlungen verstreut, aus deren Schaufenstern dir die Büsten
der flroentinischen Quatrrocento-Frauen voll einer edlen Pikanterie
entgegenschauen. Und der Besitzer des kleinsten und billigsten dieser
Läden spricht dir von Donatello und
Mino da Fiesole, als habe er persönlich das Vervielfältigungsrecht von
ihnen persönlich
empfangen.
Aus Gladius Dei. Besonders das mit dem heimlichen Jubel ist gut getroffen...
Geändert von Moltke (29-04-2006 um 23:27 Uhr).
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