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CNCAaron 17-09-2004 01:11

........ (//,->)

Kein Wort, auch nicht das kleinste, kann ich sagen,
Wozu das Herz den vollen Schlag verwehrt;
Die Stunde drängt, gerüstet steht der Wagen,
Es ist die Fahrt der Heimat abgekehrt.

Geht immerhin - denn eure Tat ist euer -
Und widerruft, was einst das Herz gebot;
Und kauft, wenn dieser Preis euch nicht zu teuer,
Dafür euch in der Heimat euer Brot!

Ich aber kann des Landes nicht, des eignen,
In Schmerz verstummte Klagen mißverstehn;
Ich kann die stillen Gräber nicht verleugnen,
Wie tief sie jetzt in Unkraut auch vergehn. -

Du, deren zarte Augen mich befragen, -
Der dich mir gab, gesegnet sei der Tag!
Laß nur dein Herz an meinem Herzen schlagen,
Und zage nicht! Es ist derselbe Schlag.

Es strömt die Luft - die Knaben stehn und lauschen,
Vom Strand herüber dringt ein Möwenschrei;
Das ist die Flut! Das ist des Meeres Rauschen!
Ihr kennt es wohl; wir waren oft dabei.

Von meinem Arm in dieser letzten Stunde
Blickt einmal noch in's weite Land hinaus,
Und merkt es wohl, es steht auf diesem Grunde,
Wo wir auch weilen, unser Vaterhaus.

Wir scheiden jetzt, bis dieser Zeit Beschwerde
Ein andrer Tag, ein besserer, gesühnt;
Denn Raum ist auf der heimatlichen Erde
Für Fremde nur und was den Fremden dient.

Doch ist's das flehendste von den Gebeten,
Ihr mögt dereinst, wenn mir es nicht vergönnt,
Mit festem Fuß auf diese Scholle treten,
Von der sich jetzt mein heißes Auge trennt! -

Und du, mein Kind, mein jüngstes, dessen Wiege
Auch noch auf diesem teuren Boden stand,
Hör mich! - denn alles andere ist Lüge -
Kein Mann gedeihet ohne Vaterland!

Kannst du den Sinn, den diese Worte führen,
Mit deiner Kinderseele nicht verstehn,
So soll es wie ein Schauer dich berühren

Und wie ein Pulsschlag in dein Leben gehn!

Greetz
Aaron

Psycho Joker 17-09-2004 01:13

norbert c. kaser - la tua terra
 
la tua terra


sai che la tua terra
ti puo far morire
non per nostalgia
(questi tempi ormai son passati)
ma per l'esperienza
chen essuno ti ama

sai che la tua terra
ti puo amazzare
perchè tutti ti vogliono bene
morirai sotto i loro baci soffocanti
tu che non li amavi mai

allontanati
torna però

Tassahak 21-09-2004 19:50

Christoph Meckel: Rede vom Gedicht

Das Gedicht ist nicht der Ort
Wo die Schönheit gepflegt wird
Hier ist die Rede vom Salz
Das brennt in den Wunden
Hier ist die Rede vom Tod
Von vergifteten Sprachen
Von Vaterländern, die eisernen Schuhen gleichen

Das Gedicht ist nicht der Ort
Wo die Wahrheit verziert wird
Hier ist die Rede von Blut
Das fließt aus den Wunden
Vom Elend, vom Elend, vom Elend des Traums
Von Verwüstung und Auswurf
Von klapprigen Utopien

Das Gedicht ist nicht der Ort
Wo der Schmerz verheilt wird
Hier ist die Rede von Zorn und Täuschung und Hunger
Die Stadien der Sättigung werden hier nicht besungen
Hier ist die Rede von fressen, gefressen werden
Von Mühsal und Zweifel
Hier ist die Chronik der Leiden

Das Gedicht ist nicht der Ort
Wo das Sterben begütigt
Wo der Hunger gestillt
Wo die Hoffnung verklärt wird
Das Gedicht ist der Ort der zu Tode verwundeten Wahrheit

Flügel, Flügel, der Engel stürzt
Die Federn fliegen einzeln und blutig im Sturm der Geschichte
Das Gedicht ist nicht der Ort
Wo der Engel geschont wird

CNils 21-09-2004 20:13

Wolf Biermann - Ballade vom preußischen Ikarus
 
1.
Da, wo die Friedrichstraße sacht
Den Schritt über das Wasser macht
da hängt über der Spree
Die Weidendammerbrücke. Schön
Kannst du da Preußens Adler sehn
wenn ich am Geländer steh

dann steht da der preußische Ikarus
mit grauen Flügeln aus Eisenguß
dem tun seine Arme so weh
er fliegt nicht weg - er stürzt nicht ab
macht keinen Wind - und macht nicht schlapp
am Geländer über der Spree

2.
Der Stacheldraht wächst langsam ein
Tief in die Haut, in Brust und Bein
ins Hirn, in graue Zelln
Umgürtet mit dem Drahtverband
Ist unser Land ein Inselland
umbrandet von bleiernen Welln

da steht der preußische Ikarus
mit grauen Flügeln aus Eisenguß
dem tun seine Arme so weh
er fliegt nicht hoch - und er stürzt nicht ab
macht keinen Wind - und macht nicht schlapp
am Geländer über der Spree

3.
Und wenn du wegwillst, mußt du gehen
Ich hab schon viele abhaun sehn
aus unserm halben Land
Ich halt mich fest hier; bis mich kalt
Dieser verhaßte Vogel krallt
und zerrt mich übern Rand

dann bin ich der preußische Ikarus
mit grauen Flügeln aus Eisenguß
dann tun mir die Arme so weh
dann flieg ich hoch - dann stürz ich ab
mach bißchen Wind - dann mach ich schlapp
am Geländer über der Spree

Veggeto 27-09-2004 14:52

Das Opfer, das die Liebe bringt

Das Opfer, das die Liebe bringt,
Es ist das teuerste von allen;
Doch wer sein Eigenstes bezwingt,
Dem ist das schönste Los gefallen.

J.W. Goethe

Tassahak 10-10-2004 13:02

Eduard Mörike: "Abschied"

Unangeklopft ein Herr tritt abends bei mir ein:
"Ich habe die Ehr, Ihr Rezensent zu sein."
Sofort nimmt er das Licht in die Hand,
Besieht lang meinen Schatten an der Wand,
Rueckt nah und fern: "Nun, lieber junger Mann,
Sehn Sie doch gefaelligst mal Ihre Nas so von der Seite an!
Sie geben zu, dass das ein Auswuchs is."
- Das? Alle Wetter - gewiss!
Ei Hasen! ich dachte nicht,
All mein Lebtage nicht,
Dass ich so eine Weltsnase fuehrt' im Gesicht!!

Der Mann sprach noch verschiednes hin und her,
Ich weiss, auf meine Ehre, nicht mehr;
Meinte vielleicht, ich sollt ihm beichten.
Zuletzt stand er auf; ich tat ihm leuchten.
Wie wir nun an der Treppe sind,
Da geh ich ihm, ganz froh gesinnt,
Einen kleinen Tritt,
Nur so von hinten aufs Gesaesse, mit -
Alle Hagel! ward das ein Gerumpel,
Ein Gepurzel, ein Gehumpel!
Dergleichen hab ich nie geschn,
All mein Lebtage nicht gesehn
Einen Menschen so rasch die Trepp hinabgehn!

Tharkun05 03-02-2005 21:06

Gerechtigkeit! - Was alle Menschen lieben,
Was alle fordern, wünschen, schwer entbehren,
Es liegt an ihm dem Volk es zu gewähren.
Doch ach! Was hilft dem Menschengeist Verstand,
Dem Herzen Güte, Willigkeit der Hand,
Wenn's fieberhaft durchaus im Staate wütet,
Und Übel sich in Übeln überbrütet.
Wer schaut hinab von diesem hohen Raum
Ins weite Reich, ihm scheint's ein schwerer Traum,
Wo Missgestalt in Missgestalten schaltet,
Das Ungesetz gesetzlich überwaltet,
Und eine Welt des Irrtums sich entfaltet.

- Goethe, Faust II.

CNils 12-02-2005 12:16

Schoss mir grad so durch den Kopf...
 
Bunte Farben umgaben mich
Als das Dunkle vor mir wich
Und im Nebel sah ich ein Licht
Es war immer da, doch kannte ichs nicht

Ich hab das Gefühl ich bin ganz allein
Mein Blick dringt tief ins Innere ein
Es ist so hell und doch seh ich klar
Bedrückend und doch wunderbar

Warum bin ich es der es kann
Was für eine Welt bahnt sich mir an
Hab ich die Mitte bereits erkundet
Oder die Schale grad mal verwundet

Allein meine Fragen lassen mich schließen
Meine Knospe fängt grad an zu sprießen
Ich brauche viel Wasser, das ist mir klar
Bedrückend und doch wunderbar

Tassahak 28-04-2005 20:14

Rainer Maria Rilke: "Die Gazelle"

Verzauberte: wie kann der Einklang zweier
erwählter Worte je den Reim erreichen,
der in dir kommt und geht, wie auf ein Zeichen.
Aus deiner Stirne steigen Laub und Leier,
und alles Deine geht schon im Vergleich
durch Liebeslieder, deren Worte, weich
wie Rosenblätter, dem, der nicht mehr liest,
sich auf die Augen legen, die er schließt:
um dich zu sehen: hingetragen, als
wäre mit Sprüngen jeder Lauf geladen
und schösse nur nicht ab, solang der Hals
das Haupt ins Horchen hält: wie wenn beim Baden
im Wald die Badende sich unterbricht:
den Waldsee im gewendeten Gesicht.

Tassahak 03-03-2006 01:22

Ferdinand Freiligrath: "Die Freiheit! Das Recht!"

O, glaubt nicht, sie ruhe fortan bei den Todten,
O, glaubt nicht, sie meide fortan dies Geschlecht,
Weil muthigen Sprechern das Wort man verboten
Und Nichtdelatoren verweigert das Recht!
Nein, ob ins Exil auch die Eidfesten schritten;
Ob, müde der Willkür, die endlos sie litten,
Sich andre im Kerker die Adern zerschnitten -
Doch lebt noch die Freiheit und mit ihr das Recht!
- Die Freiheit! Das Recht!

Nicht mach uns die einzelne Schlappe verlegen!
Die fördert die Siege des Ganzen erst recht;
Die wirkt, daß wir doppelt uns rühren und regen,
Noch lauter es rufen: Die Freiheit! Das Recht!
Denn ewig sind Eins diese heiligen Zweie!
Sie halten zusammen in Trutz und in Treue;
Wo das Recht ist, da wohnen von selber schon Freie,
Und immer, wo Freie sind, waltet das Recht!
- Die Freiheit! Das Recht!

Und auch das sei ein Trost uns: nie flogen, wie heuer,
Die freudigen Zwei von Gefecht zu Gefecht!
Nie flutete voller ihr Odem und freier,
Durch die Seele selbst brausend dem niedrigsten Knecht!
Sie machen die Runde der Welt und der Lande,
Sie wecken und werben von Strande zu Strande,
Schon sprengten sie kühn des Leibeigenen Bande
Und sagten zu denen des Negers: Zerbrecht!
- Die Freiheit! Das Recht!

Ja, ihr Banner entflattert und weht allerorten,
Daß die Unbill gesühnt sei, die Schande gerächt!
Ja, und siegen sie hier nicht, so siegen sie dorten,
Und am Ende doch siegen sie gründlich und echt!
O Gott, welch ein Kranz wird sie glorreich dann zieren!
All die Läuber, die Völker im Fahnentuch führen!
Die Olive des Griechen, das Kleeblatt des Iren
Und vor allem germanisches Eichengeflecht!
- Die Freiheit! Das Recht!

Wohl ruhn dann schon manche, die jetzo noch leiden -
Doch ihr Schlummer ist süß, und ihr Ruhn ist gerecht!
Und licht an den Gräbern stehen die Beiden,
Die wir ihnen auch danken - die Freiheit! das Recht!
Unterdeß hebt die Gläser! Ihr Wohl, die da stritten!
Die da stritten, und muthig ins Elend drum schritten!
Die das Recht uns verfochten, und Unrecht drum litten!
Hoch ewig das Recht - und die Freiheit durch's Recht!
- Die Freiheit durch's Recht!

Moltke 03-03-2006 15:19

Heldengebirg!
 
Ich habe da noch ein schönes Gedicht von dem lieben Rilke, geschrieben 1914:

Heil mir, daß ich Ergriffene sehe. Schon lange
war uns das Schauspiel nicht wahr,
und das erfundene Bild sprach nicht entscheidend uns an.
Geliebte, nun redet wie ein Seher die Zeit
blind, aus dem ältesten Geist.
Hört. Noch hörtet ihrs nie. Jetzt seid ihr die Bäume,
die die gewaltige Luft lauter und lauter durchrauscht;
über die ebenen Jahre stürmt sie herüber
aus der Väter Gefühl, aus höheren Taten, vom hohen
Heldengebirg, das nächstens im Neuschnee
eures freudigen Ruhms reiner, näher erglänzt.
Wie verwandelt sich nun die lebendige Landschaft: es wandert
würziger Jungwald dahin und ältere Stämme,
und das kürzliche Reis biegt sich den Ziehenden nach.
Einmal schon, da ihr gebart, empfandet ihr Trennung, Mütter, —
empfindet auch wieder das Glück, daß ihr die Gebenden seid.
Gebt wie Unendliche, gebt. Seid diesen treibenden Tagen
eine reiche Natur. Segnet die Söhne hinaus.
Und ihr Mädchen, gedenkt, daß sie euch lieben: in solchen
Herzen seid ihr gefühlt, so furchtbarer Andrang
ging, zur Milde verstellt, mit euch, Blumigen, um.
Vorsicht hielt euch zurück, nun dürft ihr unendlicher lieben,
sagenhaft Liebende sein wie die Mädchen der Vorzeit:
daß die Hoffende steht wie im hoffenden Garten,
daß die Weinende weint wie im Sternbild, das hoch
nach einer Weinenden heißt

***

Das ist eine derart kitschige, widerliche Kriegspropaganda, daß man allein dafür Rilke sofort im Orkus der übrigen Arschlöcher, Kriegshetzer und Nazis verschwinden lassen sollte und zwar für immer.


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